Mobilisierende Heimatbilder

Auf der Jahrestagung  des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung am 9. und 10. November 2018 an der der TU Berlin stellte Simon Teune Ergebnisse aus der Forschung zu Bildern in der Anti-AKW-Bewegung vor, die sich in das Tagungsthema „Der Kontext lokaler Proteste“ einfügen. Als eine Bewegung, deren Konflikt- und Mobilisierungsstruktur stark durch die einzelnen Standorte bestimmt wird, an denen atomare Infrastruktur geplant und errichtet wird, spielen regionale Bezüge auch in der Bildsprache eine wichtige Rolle.

Foto einer frühen Kundgebung gegen das AKW Wyhl, Fotograf*in unbekannt, aus „Wyhl: kein Kernkraftwerk in Wyhl und auch sonst nirgends. Betroffene Bürger berichten“ (Inform-Verlag 1976), S. 32

Auch wenn der Begriff „Heimat“ nur im Konflikt um das geplante Atomkraftwerk in Wyhl offensiv genutzt wird, sind positive Bezüge zur Region, zur jeweiligen Kulturlandschaft und Traditionen der Widerständigkeit wichtige Mobilisierungsmomente. Die Ortsnamen Wyhl, Gorleben, Brokdorf und Wackersdorf werden zu Bezugspunkten einer gemeinsamen Identität. In den Plakaten der Anti-AKW-Bewegung sind die Regionen vor allem durch Bilder von der Landschaft und Landwirtschaft, durch Fachwerkhäuser und als Landbevölkerung markierte Protagonist*innen präsent. Diesen positiven Bildern wird in dystopischen Szenarien die Bedrohung durch nukleare Infrastruktur und diejenigen, die ihre Einrichtung befürworten entgegengesetzt. Zugleich werden Szenen des Protestes mit der Region identifiziert, so dass sich das Bild einer widerständigen Heimat verdichtet. Die Atomkraftgegner*innen und ihre Aktionen stellen sich, wie im Titelbild der atomaren Katastrophe entgegen und schützen so Tiere, Natur und die regionale Kultur.

Titelbild: Ausschnitt aus dem Plakat „Alarm in Gorleben“ (1977), Gorleben Archiv e.V., 10-PLA-1-0039