Der Antiatom-Button als Bekenntnis

Im Rahmen der Tagung „Bekenntnisse. Formen und Formeln“ im Warburg-Haus Hamburg stellte Simon Teune am 10. Februar 2018 erste Eindrücke aus dem in Archiven gehobenen Bildmaterial vor. Das breit gefächerte Tagungsprogramm spiegelte den interdisziplinären Ansatz der Isa Lohmann-Siems Stiftung wider, durch deren Stipendiat_innen die Tagung organisiert wurde. Die geladenen Vorträge beleuchteten Bekenntnisse als kommunikative Form – von Narrativen des Schuldenbekenntnisses bei Privatinsolvenz über kriminalpsychologische Perspektiven auf das falsche Geständnis bis hin zur synästhetischen Inszenierung frühchristlicher Taufrituale.

Der Vortrag von Simon Teune widmete sich dem visuellen kommunikativen Handeln, das beim Bekenntnis zur Antiatombewegung zum Tragen kommt. Versteht man Bilder und Symbole als visuelle Anzeiger von Zugehörigkeit zu einem Kollektiv, so kommt ihnen eine zentrale identitätsstiftende Bedeutung zu. In der Produktion und Distribution dieser Bilder eignen sich Medienaktivistinnen und -aktivisten kollektiv die jeweils verfügbaren Technologien an. Solche Visualisierungen werden in Alltagspraktiken des Zeigens verwendet, um erstens sich selbst der Zugehörigkeit zu einer Bewegung oder zu einer diese Bewegung formierenden Gruppe zu vergewissern und zweitens diese Zugehörigkeit nach außen sichtbar zu machen. Das Repertoire solcher Alltagspraktiken umfasst unter anderem das Plakat in der WG-Küche, Buttons an der Kleidung, Fahnen am Balkon oder Profilfotos in sozialen Medien.

Nachtrag (Februar 2019): Aus der Tagung ist der Sammelband „Bekenntnisse. Fromen und Formeln“ (Reimer-Verlag, 2019) hervorgegangen.

Abbildung: Ausschnitt aus der Tagungsbroschüre der Isa Lohmann-Siems Stiftung

Workshop zum Projektauftakt, Technische Universität Berlin, 7./8.12.2017

Für ein Projekt, das eine Brücke zwischen den Disziplinen Medienwissenschaft und Soziologie baut, ist der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen grundlegend. Um die konzeptionellen und methodischen Ansätze des Projektes zu diskutieren, luden wir acht in angrenzenden Bereichen arbeitende Forscher*innen zu einem Auftaktworkshop nach Berlin:

  • Sigrid Baringhorst, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Siegen
  • Nicole Doerr, Professorin für Soziologie an der Universität Kopenhagen
  • Sebastian Haunss, PD, wissenschaftlicher Mitarbeiter am SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen
  • Uffa Jensen, Heisenberg-Professor am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin
  • Andreas Kraß, Professor für ältere deutsche Literatur und Leiter der Foschungsstelle Kulturgeschichte der Sexualität an der Humboldt-Universität zu Berlin
  • Dieter Rucht, Professor emeritus für Soziologie an der Freien Universität Berlin, Vorstand des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung
  • Monique Scheer, Professorin für empirische Kulturwissenschaft mit Schwerpunkt Ethnografie kultureller Vielfalt und Prorektorin für Internationales an der Universität Tübingen
  • Michael Wildt, Professor für Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert an der Humboldt-Universität zu Berlin

Der Workshop kombinierte eine theoretisch-methodische Diskussion zu visueller Diskursanalyse, visual frame analysis und praxistheoretischen Zugängen zum Forschungsfeld mit einer Deutung von ersten in Archiven gehobenen Quellen aus der Antiatombewegung, der Homosexuellenbewegung und der völkischen Bewegung.

Foto: Susanne Regener

Gastvortrag im HCU-Seminar „Widerständige Bilder – Bilder des Widerstands“

Am 28. November war Simon Teune eingeladen, an der HafenCity Universität Hamburg im Seminar „Widerständige Bilder – Bilder des Widerstands“ aus seiner Forschung zur Berichterstattung über Großdemonstrationen zu berichten. Das Seminar im Studiengang „Kultur der Metropole“ stellt Fragen, die sich zum Teil mit denen des Projektes überschneiden. In der Seminarbeschreibung heißt es:

Welche Bilder den Diskurs dominieren und
im Gedächtnis bleiben hat Auswirkungen auf
unsere (Re)Konstruktion von Wirklichkeit und
auf alle Narrative die unsere Wahrnehmung
steuern. Dabei spielen zum einen Bilder des
Widerstandes eine zentrale Rolle – vor allem aber
werden auch widerständige Bilder, die für einen
Gegenentwurf der gängigen Erzählung stehen,
immer wichtiger.

Der Vortrag von Simon Teune basierte im Wesentlichen auf Erkenntnissen aus dem Forschungsprojekt  „Großdemonstrationen in der Medienberichterstattung“ am Institut für Protest- und Bewegungsforschung, das die Berichterstattung in Printmedien, Radio- und Fernsehnachrichten zu sieben Protestereignissen seit 2003 analysierte. Im Mittelpunkt der Diskussion standen aber weniger die weiter zurückliegenden Proteste gegen die Agenda 2010 oder für den Atomausstieg nach dem Reaktorunfall von Fukushima. Stattdessen spielte die Einordnung der Ereignisse um den G20-Gipfel in Hamburg eine große Rolle und die Frage nach dem Verhältnis professioneller Medien zu sozialen Medien und denen über sie unmittelbar verfügbaren Protestbilder.

Screenshot: Handyvideo eines Busfahrgastes während des G20-Gipfels in Hamburg, via abendblattv@Youtube